Rudolf Steiner
«Die Beziehung von Natur und Kultur ist nicht eine der Reflexion oder Mimesis, sondern eine der Verstrickung.» Karen Barad
Was wir heute als Ökologie bezeichnen, beschäftigte die Kunst mindestens seit Beginn der Industrialisierung. Damals mythologisierten Bewegungen wie die Romantik in Europa oder die Hudson River School in den Vereinigten Staaten die Naturlandschaft, die durch das rasante Wachstum des urbanen Kapitalismus aktiv bedroht und zerstört wurde. Die Mythologie der Romantik mit ihrem sentimentalen Streben nach unberührter Natur verkörperte veraltete Denkweisen aus der Zeit nach der Aufklärung, die versuchten, harte (wenn auch schöne) Grenzen zwischen den Menschen und den Ökosystemen, in die sie eingebettet waren, zu errichten. Diese idealisierten Darstellungen ließen ein Bild der Reinheit wieder aufleben, das bereits verloren geglaubt war. So wie der Begriff des Erhabenen als Antwort auf eine Ehrfurcht einflößende Natur entstand, begann sich auch sein Gegenteil, der zerstörerische Einfluss des Menschen auf die Umwelt, immer deutlicher zu manifestieren. Angesichts der gegenwärtigen Klimakrise ist die Fiktion der Natur als ultimative Wahrheit sowohl anziehend als auch schädlich, da sie den Blick auf die globale Bedrohung trübt. In besseren Momenten kann die Kunst jedoch den strukturellen Triebkräften der Katastrophe, die typischerweise so groß sind, dass sie unvorstellbar sind, Form und Gewicht verleihen. Sie vermag auf diese Weise unbequeme Wahrheiten zu visualisieren und dem Unvorstellbaren affektive Kräfte zu verleihen. Mit seiner 2013 begonnenen Fotoserie mit dem Titel «Ricochet» navigiert der Bieler Künstler und Fotograf Rudolf Steiner genau auf diesem schmalen Grat zwischen romantisch verklärten Naturbildern und der Darstellung einer «verletzten» Landschaft. «Ricochet» versammelt Bilder, die in der Umgebung von Biel/Bienne und Rondchâtel entstanden sind. Diese Bilder bemühen sich nicht um eine wie auch immer gestaltete «Wahrheit» der Natur bzw. der Landschaft, sondern sind in ihrem Kern und aufgrund des gewählten Aufnahmeprozesses quasi in «Zusammenarbeit mit der Natur» entstanden. Die Aufnahmen werden mit einem Kamera-Roboter realisiert, der mit einem Fotoapparat mit einer Brennweite von 400 mm ausgerüstet ist. Mit geöffneter Blende ( = extrem reduzierte Schärfentiefe) werden hunderte von Einzelaufnahmen eines Motivs erstellt, die später auf dem Computer von einem Stitching-Programm zu einem einzigen Bild zusammengefügt werden. Da sich während der langen Aufnahmezeit von 10 bis 30 Minuten die Lichtverhältnisse drastisch ändern können und auch andere meteorologische Einflüsse wie Wind, Nebel, Schnee und Regen eine Rolle spielen, ist das Resultat nur begrenzt kontrollier- bzw. vorhersehbar. Zudem können beim «Stitching» Fehler anfallen, die das Resultat beeinflussen. Diese verschiedenen Fehlerquellen können einerseits nicht restlos eliminiert bzw. kontrolliert werden, andererseits entstehen dank diesen Fehlern ungewohnte Bilder, in welchen sich die Grenzen der herkömmlichen Fotografie auflösen underweitern.
Fotobuch mit 175 Farbabbildungen und einem Text (E) Editor: Canton Bern - Werkbuch / œuvre d’artiste 2019 With the friendly support of Vexer Verlag is supported by the Swiss Federal Office of Culture with a © 2020, Vexer Verlag St. Gallen / Berlin, Rudolf Steiner and Trmasan Bruialesi ISBN: 978-3-907112-23-6 Bestellungen nehmen wir gerne per Mail entgegen :
Sonderedition #vonRütte6 Publikation mit beigelegter Sonderedition – eine durch den Künstler signierte und nummerierte Fotografie aus dem Jahr 2020. Abzug: Fineart Print auf PhotoRag Baryta, 315g Chf 500 / Euro 470 |
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